Manche machen ein großes Geheimnis draus, andere sprechen ganz offen darüber. Ich habe mich für die Geheimniskrämerei entschieden. Mein Mann hatte bis zur Hochzeit keinen blassen Schimmer davon, wie mein Brautkleid aussehen würde. Dafür hatte ich umso mehr Spaß dabei, ihn an der Nase herumzuführen. Eindeutiger Höhepunkt:
Ich (ganz beiläufig beim Abendessen): „Es ist altrosa.“
Schweigen. Mein Verlobter lässt die Gabel sinken.
„Komplett.“
Schweigen. Auch das Messer sinkt. Noble Blässe zieht sich von der Nasenspitze über die Wangen meines Künftigen.
Er (laut): „Neeeee…!!!“ (Und leise: „Oder?!“)
Ich: „Klar, hast doch die altrosa Pumps gesehen, die ich neulich gekauft habe.“
Die Blässe wird grün-bläulich.
Ich schaue ihn an, er schaut mich an, wir brechen in schallendes Lachen aus.
Das Kleid war übrigens dann doch klassisch elfenbeinfarben. Mit Vollspitze. Und Schleppe. Echt unpraktisch – aber echt schön. Und damit wäre ich beim eigentlichen Thema: Wie soll euer Brautkleid aussehen? Individualität gibt es vor allem in kleinen Brautläden. Einige habe ich euch ja schon vorgestellt, diesmal nehme ich euch mit zu Barbara Weigand und Iosoy in München.
Der Laden liegt im Münchner Glockenbachviertel. Kleine Shops, ein bisschen Berlin in München, so fühlt sich das hier an. Barbara ist mit ihrem Laden bereits seit sieben Jahren in der Klenzestraße, seit 2011 bietet sie auch eine Brautkleid-Kollektion an. Es ist ein verwinkelter Laden, dessen ganze Größe sich beim Blick durchs Schaufenster nicht erahnen lässt. Im Schauraum stehen einige Brautkleid-Modelle auf abstrakten Kleiderpuppen, lang, mit bauschigen Stoffen, Couture.
Fotos: Andrea Seifert (rosafarbenes Kleid) und Sebastian Schulz (übrige Bilder)
Brautkleid-Anprobe wie im Wohnzimmer
Ein schmaler Gang führt in den hinteren Bereich zum Ankleideraum. Ein Sofa, ein Sessel, ein Couchtisch, ein Teppich, die Kleider – Wohnzimmerfeeling. In einer Ecke grenzt das kleine Büro an, abgetrennt durch eine Stellwand, an der Zeichnungen von Schnitten und Seiten aus Zeitschriften hängen.
Barbara erzählt: „Ich habe einen Grundstock an Schnitten, die dann individuell angepasst werden.“ Diese Philosophie spiegelt sich auch im Namen ihres Geschäfts wieder. IOSOY, abgeleitet vom spanischen yo soy für „ich bin“. Die Beratung stehe im Mittelpunkt des ersten Besuchs, denn „die Kundinnen sollen in Ruhe herausfinden, welche Schnitte ihnen stehen. Die Proportionen sind ja ganz individuell.“ Aus den bestehenden Grundschnitten entsteht dann das Brautkleid. Farbe, Materialien, Oberteil, Rock – die Kombinationsmöglichkeiten sind grenzenlos.
Vom Seidentüll zur Kleid-Rock-Kombi
Eigentlich ist Barbara gelernte Textildesignerin. Ihre Begeisterung für Stoffe ist den Kleidern anzusehen. Es sind edle Materialien wie Seide, Seidentüll, französische und portugiesische Spitze. In einem Regal stapeln sich Ballen unterschiedlicher Farben und Strukturen. Lasercut in Verbindung mit einem Seide-Viskosegemisch zählt zu den derzeitigen Favoriten. Aber auch farbige Brautkleider stehen hoch im Kurs (wenn auch nicht in Altrosa).
Am häufigsten aber nachgefragt würde derzeit vor allem ein Modell, das sich aus zwei Teilen zusammensetzt. Eine Kombi aus Kleid und Rock quasi – wobei das Kleid alleine auch schon einen ziemlich beeindruckenden Couture-Auftritt garantiert. Der Rock jedenfalls wird schlicht in der Taille mit einem Gürtel gebunden. So entsteht ein viellagiges Kleid. „Für den ganz großen Auftritt bei der Trauung“, sagt Barbara. „Und wer es dann am Abend schlichter und praktischer mag, nimmt den Rock mit einem Handgriff ab.“
Und die Preise? Die günstigsten Kleider starten bei 1300 Euro, die meisten Bräute entscheiden sich für Varianten um die 2000 Euro. Dafür bekommen sie ein maßgeschneidertes Brautkleid, das sich später auch noch als Abendkleid tragen lässt.
Mein Eindruck von IOSOY? Ein kleiner Laden mit Boutique-Feeling, exklusiv, anders, spannend – und mit einer Inhaberin, die ihren Traum vom Spiel mit dem Stoff lebt.
Fotos (mit Ausnahme der Modelbilder): Hochzeitsgezwitscher