Sie tut waaaaas?! Richtig gelesen, sie verkauft ihr Brautkleid. Aber das kann eine Hochzeitsbloggerin doch nicht machen! Doch, sie kann. Gerade WEIL sie mit diesem Tag so viele Emotionen und Erinnerungen verbindet. Wie jetzt?

Irgendwie ist die Sache mit dem Brautkleid-Verkauf ein unausgesprochenes Tabu, etwas, das Braut einfach nicht macht, und wenn doch, dann redet sie nicht darüber. Warum eigentlich? Eben. Also lasst uns darüber reden – oder vielmehr schreiben. Ich fange einfach mal an und erzähle euch, wie ich mein Kleid gefunden und mich verliebt habe, welche Emotionen es ausgelöst hat und warum ich mich Monate nach der Hochzeit entschieden habe, es weiterzugeben – vielleicht sogar an eine von euch.

Schlicht soll es sein

Als ich meine ersten vorsichtigen Schritte auf dem modischen Brautparkett wagte, da hatte ich die Welt der Hochzeitsblogs und -magazine gerade mal periphär gestreift. Ich wollte einfach ein schlichtes Kleid, eins ohne viel Glitzer und Glamour. Spitze war für mich zu diesem Zeitpunkt noch gleichbedeutend mit antiquiert und omahaft.

Der erste Weg führte uns in die Münchner Innenstadt. Da stand ich dann zwischen Plastiksäcken und gehetzten Verkäuferinnen. In „schlicht“. Hmmm. Ok. Was denn die Frau Mama meint? „Ja, ganz nett.“ Ganz nett?! Und die Trauzeugin? „Nein.“ Stattdessen: „Du, ich bin da neulich an so nem Laden vorbeigeradelt…“

Ein kleiner Brautladen in einer kleinen Seitenstraße zwischen Schwabing und dem Studentenviertel gelegen, keine Kleider in Plastiksäcken, kein weißer Teppichboden, kein Klischee. The White Dress Company. Viel Platz, viel Schön, viel Ohhhh, eine Umkleide und eine Verkäuferin, die nicht die Augenbrauen hebt, als ich sage, dass ich keine 3000 Euro ausgeben möchte. Ich ziehe das erste Kleid an, das zweite, das dritte. Dann sagt sie, sie habe da noch eines, aber es habe halt viel Spitze. Ich runzle die Stirn, denke aber: hei, probieren kann ich’s ja mal.

Der Aha-Moment

Als sie in die Umkleide kommt, trägt sie ein kleines Paket Stoff über dem Arm, das ich problemlos in einen Handkoffer verstauen könnte. Das soll ein Brautkleid sein?! Es ist schulterfrei mit Herzausschnitt, schmal geschnitten, mit einer langen Schleppe, vollständig mit Spitze besetzt. Als ich aus der Umkleide trete, schauen mich meine Mutter und meine Trauzeugin mit großen Augen an, bevor beiden ein gehauchtes „Haaaach“ entfährt. Ich drehe mich zum großen Spiegel, streiche über die Lagen aus weichem, fließenden Stoff und weiß: Ich bin verliebt.

Dann frage ich vorsichtig nach dem Preis und entliebe mich ein kleines Bisschen. Meine Mutter hat Tränen in den Augen. Sie sagt: „Mach dir da mal keinen Kopf. Deine Mutter braucht schließlich auch noch ein Hochzeitsgeschenk für ihre Tochter.“

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Der First Look

Mehrmals fuhr ich in den Monaten danach zu dem Laden, in dem mein Kleid hing, einfach, um es zu sehen, nochmals anzuprobieren, die Frage nach passendem Schmuck und Schuhen zu klären. Ich stellte mir den Moment vor, in dem mein Mann mich darin zum ersten Mal sehen würde. Mehrmals hatte er in den Monaten vor der Hochzeit in Nebensätzen fallengelassen, dass Spitze jetzt nicht unbedingt zu seinen Favoriten zählte. Trotzdem war ich sicher, dass auch er das Kleid lieben würde. Lieben müsste! Schließlich steckte ja immerhin seine Verlobte drin.

Dennoch: Ich war ja sowas von aufgeregt, als ich dann endlich in diesem lichtdurchfluteten Eckzimmer von Schloss Hofstetten stand, jenem Kleinod an Location, das wir nach monatelanger Suche entdeckt hatten, und in dem wir uns nun ein paar Momente nur für uns und unseren first look gönnten.

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Was tun mit dem Brautkleid?

Einige Wochen nach der Hochzeit kam er dann unweigerlich: der Moment, in dem ich mir darüber Gedanken machen musste, was nun aus meinem Brautkleid werden sollte. Gereinigt war es längst, allerdings war ich noch nicht bereit, mich von ihm zu trennen: Die wochenlange Suche mit meiner Mutter und meiner Trauzeugin, das monatelange Hinfiebern auf die Hochzeit, die Trauzeremonie, ein ganzer Tag voller Emotionen. Und doch war mir klar: Irgendwann würde ich das Kleid in eine Schublade verstauen, würde es nur noch selten hervorholen, um über den weichen Stoff zu streichen und mich an jenen Tag zu erinnern, an dem ich darin Ja zu meinem Mann sagte.

Als Alternativen blieben:

Für die Kinder aufbewahren. Aber ob die in dreißig Jahren nicht ganz andere Vorstellungen haben würden, ja, ob man dann überhaupt noch in Weiß heiraten wird?
Einfärben. Aber mit Spitze ist das so eine Sache…
Kürzen und als Sommerkleid tragen. Aber für mich ist und bleibt es das Kleid, in dem ich geheiratet habe, darin will ich einfach nicht im Kinosessel sitzen.
Aufheben und einmal im Jahr anschmachten. Aber es ist doch so schön! Es soll doch getragen werden, gesehen werden, muss raus unter Menschen!
Verkaufen. Aber es ist doch das Hochzeitsgeschenk meiner Mutter! Das kann ich im Leben niemals nie nicht nein weggeben!

„Aber warum denn nicht?“, fragte meine Mutter, als ich ihr nachdenklich von all den Überlegungen erzählte. „Was hältst du davon, wenn du es weitergibst und dir von dem Geld ein besonderes Schmuckstück kaufst? Dann ist das eben das Hochzeitsgeschenk deiner Mutter und du hast dein Leben lang eine Erinnerung daran.“

Ich frage mich, warum ich nicht selbst auf die Idee gekommen bin. So bleibt mein Brautkleid Brautkleid, darf noch einmal da hin, wo es hingehört: Zu einer Hochzeit nämlich. Vielleicht ja sogar zu eurer?

Vor allem aber bliebe das Hochzeitsgeschenk meiner Mutter erhalten: Mit einem Ring, den ich neulich bei einer meiner Lieblingsgoldschmiedinnen entdeckt habe, und der sich zu meinem Ehe- und Verlobungsring dazugesellen dürfte.

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Das zweite Leben eines Hochzeitskleides

Vielleicht habt ihr es zwischen den Zeilen rausgelesen: Es ist mir eine echte Herzensangelegenheit, wie es mit meinem Kleid weitergeht. Gerade deshalb wäre es mir eine Freude, wenn eine von euch sich genauso verlieben würde wie ich vor ein paar Monaten. Schreibt mir einfach eine E-Mail, wenn ihr es euch mal ganz unverbindlich anschauen wollt. Das Kleid hat Größe 36, ist aus der Kollektion des englischen Labels Annasul Y. und wurde lediglich minimal auf mich geändert. Die Länge ist original, kann aber gekürzt werden. Die Schleppe lässt sich natürlich hochstecken. Alles Weitere gerne im persönlichen Kontakt.

Update: Das Kleid ist verkauft und wird Teil einer zauberhaften Vintage-Hochzeit.

Fotos: Privat

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